Rahmenbedingungen für Biokraftstoffe in Deutschland

Deutschland verfolgt ambitionierte Klimaziele. Da der Verkehrsbereich regelmäßig seine Zielvorgaben verfehlt, ist die Politik gut beraten, alle wirksamen Maßnahmen zur THG-Minderung zu ergreifen. Um den Verbrauch fossiler Kraftstoffe herunterzufahren, werden neben der Elektromobilität auch Biokraftstoffe benötigt. Dabei sollen die bewährten Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse und Abfällen/Reststoffen auf dem heutigen Niveau beibehalten und der Einsatz fortschrittlicher Biokraftstoffe entwickelt werden. Hierfür sind die sukzessive Erhöhung der Beimischung und der Einsatz von Reinkraftstoff (B100) erforderlich.

Verkehr – eine schwierige Aufgabe der Klimapolitik

Das deutsche Bundes-Klimaschutzgesetz legt nationale Klimaziele sowie Sektorziele für die verschiedenen Wirtschaftsbereiche fest. Damit sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 reduziert und bis 2045 die Klimaneutralität erreicht werden. So will die Bundesrepublik auch ihren Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen nachkommen.

Der Verkehr – auf den mit 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2022 ein Fünftel der gesamten Treibhausgasemissionen entfielen – hatte sein Sektorziel um 9 Millionen Tonnen CO2 verfehlt. Auch 2021 und 2020 wurden die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten. Klar ist: Ohne Biokraftstoffe wäre die Bilanz noch deutlich negativer. So haben Biodiesel, Bioethanol und Biomethan allein 2021 über 11 Millionen Tonnen CO2 eingespart.

CO2-Emissionen im Verkehrssektor (2022)

Quelle: UBA

Bundes-Immissionsschutzgesetz: Wettbewerb um den CO2-effizientesten Biokraftstoff

Mineralölunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, klimafreundlichere Produkte in den Markt zu bringen. Konkret: Im Jahr 2023 müssen sie gegenüber einem theoretischen Szenario, das auf 100 Prozent fossilen Kraftstoffen basiert, 8 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Diese Minderungsverpflichtung steigt bis 2030 auf 25 Prozent an. Grundlage ist die sogenannte Treibhausgasquote (THG-Quote), die das Bundes-Immissionsschutzgesetz vorgibt. Mineralölunternehmen können diese Verpflichtung erfüllen, indem sie CO2-arme Biokraftstoffe wie Biodiesel, Bioethanol oder Biomethan einsetzen, den Ladestrom der Elektromobilität anrechnen und Wasserstoff in Fahrzeugen oder Mineralölraffinerien verwenden.

Wie wird die THG-Quote berechnet?

Mineralölkonzerne multiplizieren die Energiemenge der von ihnen vertriebenen Kraftstoffe (Diesel, Benzin und Biokraftstoffe) mit einem „fossilen Referenzwert”. Dieser basiert auf dem europäischen Kraftstoffmix des Jahres 2010 und beträgt 94,1 Gramm CO2 pro Megajoule Antriebsenergie. Um die gesetzlichen Anforderungen der deutschen THG-Quote gemäß BImSchG zu erfüllen, müssen die Mineralölunternehmen diese hypothetischen Emissionen reduzieren, indem erneuerbare Antriebsenergie zum Einsatz kommt. Heute ist dies überwiegend die Beimischung von Biokraftstoffen.

Der Einsatz von Biodiesel und Bioethanol aus Anbaubiomasse ist dabei begrenzt. So besagt die 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung, dass Biokraftstoffe aus Getreide, Zuckerrüben oder Raps bis 2030 nur bis zu einem energetischen Anteil von 4,4 Prozent (bezogen auf die Energiemenge im Straßenverkehr) angerechnet werden dürfen. Für Biokraftstoffe aus Altspeisefetten und Tierfetten beträgt die Deckelung 1,9 Prozent. Für fortschrittliche Biokraftstoffe, die aus bestimmten Reststoffen wie Stroh oder Gülle hergestellt werden, gilt hingegen eine Mindestquote. Sie steigt von 0,1 Prozent 2021 auf 2,6 Prozent im Jahr 2030. Nutzt ein Mineralölkonzern mehr fortschrittliche Biokraftstoffe als von der Mindestquote vorgeschrieben, können die zusätzlich eingesparten THG-Emissionen doppelt auf die THG-Quote angerechnet werden. Dies wirkt als zusätzlicher Anreiz für Investitionen in die Produktion neuartiger Biokraftstoffe.

Biokraftstoffe maßgeblich zur Erfüllung der THG-Quote

Quellen: BImSchG, VDB-Szenario

Welche weiteren Optionen gibt es, um die THG-Quote zu erfüllen?

Neben Biokraftstoffen kann die Nutzung von Elektromobilität, erneuerbarem Wasserstoff (als Kraftstoff), erneuerbaren strombasierten Kraftstoffen (= PtX, E-Fuels) sowie der Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff in Mineralölraffinerien auf die THG-Quote angerechnet werden. Ladestrom in E-Fahrzeugen zählt dabei 3-fach, erneuerbarer Wasserstoff (als Kraftstoff und in Mineralölraffinerien) sowie erneuerbare strombasierte Kraftstoffe 2-fach. Die Mehrfachanrechnung ist industriepolitisch begründet, um Investitionen z. B. in Ladesäulen zu verstärken; eine zusätzliche THG-Minderung findet aber nicht statt: Eine durch E-Mobilität eingesparte Tonne CO2 zählt zwar unter der THG-Quote wie drei Tonnen CO2, erbringt aber real (nur) den gleichen Beitrag zum Klimaschutz wie eine durch Biokraftstoff eingesparte Tonne CO2.

Bis 2030 soll die E-Mobilität einen wesentlichen Beitrag zur THG-Quote erbringen. Die Anrechnung erfolgt auf Basis des mit einem Stromzähler gemessenen Ladestroms (z. B. an Tankstellen und öffentlichen Ladesäulen) und unter Berücksichtigung des Anteils erneuerbaren Stroms am Strommix. Um auch die Ladestrommengen zu berücksichtigen, die nicht über einen Stromzähler erfasst werden (z. B. an privaten Wallboxen), kann ein Standardwert für Pkw angerechnet werden. Der Fahrzeughalter kann hierzu einen Scan seiner Fahrzeugzulassung einem Vermittler zur Verfügung stellen und sich die Rechte an der erzielten THG-Minderung vergüten lassen. Mineralölunternehmen kaufen diese Rechte dann beim Vermittler, um die Minderung für die Erfüllung der THG-Quote zu nutzen.

Sind Mehrfachanrechnungen sinnvoll?

Die Mehrfachanrechnungen bestimmter Erfüllungsoptionen für die THG-Quote dürfen nicht dazu führen, dass klimaschützende Biokraftstoffe aus dem Markt gedrängt werden. Zwar sieht das Gesetz vor, dass bei einer hohen THG-Quotenerfüllung durch Elektromobilität die THG-Quote gesteigert wird – weil der Hochlauf der E-Mobilität schneller erfolgt als erwartet, so dass eine höhere THG-Minderung möglich ist. Die im Bundes-Immissionsschutzgesetz vorgesehene Anpassung muss jedoch schneller erfolgen als bisher vorgesehen.

Sektorziel Verkehr: Deckungslücke trotz E-Mobilität, Biokraftstoffen und Reduzierung des Straßenverkehrs

Quelle: VDB-Szenario

Nachhaltigkeit garantiert

Die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung stellt sicher, dass in Deutschland eingesetzte Biokraftstoffe nachhaltig produziert werden. Sie setzt die europäische RED II um und legt Anforderungen an die Nachhaltigkeitszertifizierung von Biokraftstoffen fest. Dazu gehören unter anderem der Schutz von Biodiversität und Ökosystemen und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen.

Nationaler CO2-Emissionshandel für den Straßenverkehr

Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) hat Deutschland 2019 einen nationalen Emissionsrechtehandel in den Sektoren Straßenverkehr und Gebäudewärme beschlossen. Unternehmen, die Kraft- oder Brennstoffe verkaufen, müssen eine Abgabe pro Tonne ausgestoßenem CO2 leisten. Auch wenn die Preiserhöhungen wegen der Energiekrise ausgesetzt und später abgemildert werden, befürworten wir die Einbeziehung des Straßenverkehrs in einen Emissionshandel – als sinnvolle Ergänzung zur bestehenden THG-Quote. Außerdem sollte die Energiesteuer von einer mengenmäßigen auf eine CO2-basierte Besteuerung umgestellt werden. Aktuell geht die Bundesregierung davon aus, den nationalen Emissionsrechtehandel zum Jahr 2027 vollständig in den neuen, europäischen Emissionshandel II (ETS II) für Straßenverkehr und Gebäudewärme zu überführen.

Ansprechpartner
Gunnar Placzek

Referent Politik
+49 (0)30 726259-10
placzek@biokraftstoffverband.de

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